Der Junglehrer
erzählt von Johann Span
Einmal beginnt für jeden der Ernst des Lebens. Spätestens wenn man sein erstes Geld verdient, seinen ersten Job antritt, ist es so weit.
Für mich war es der September 1975. Nach der ersten Staatsprüfung im Juni und der Zuweisung zur Allgemeinbildenden Schule, sprich Volksschule Burgberg, trat ich am 1. September in den Schuldienst ein. Es war ein harter Schnitt in meinem Leben.
Drei Jahre hatte ich in Kronstadt studiert. Das Leben in einer Großstadt, unter vielen jungen Menschen, tauschte ich plötzlich gegen eine Gemeinde am Ende der Welt ein. Vom Lärm und der Hektik einer Großstadt, ging es nahtlos in die Stille und Einsamkeit eines Dorfes irgendwo am Ende der Welt. Mit Wehmut dachte ich an die verflossene Zeit zurück. Die Aussicht eigenes Geld zu verdienen, tröstete mich nicht allzu sehr.
Aller Anfang ist schwer, aber mich erfreute in solchen Situationen Hesse's Gedicht Stufen:
"Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Altersstufe,
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Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,...
........................................
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft zu leben...
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden..."
Diese Wörter hat mein Lieblingsdichter Hesse mir aus dem Herzen geschrieben. Sie sind mir zu einer Lebensphilosophie geworden und haben mir in vielen schwierigen Zeiten des Neubeginns, Trost und Hoffnung gegeben. Ohne die vielen Neubeginne, ohne die Annahme von Herausforderungen, kann ich mir mein Leben wirklich nicht vorstellen. Glück war sicher dabei! Darunter verstehe ich Verschonung vor großen Rückschlägen, kapitalen, nichtwiedergutmachbaren Fehlern oder schweren Schicksalsschlägen.
Es gab aber immer eine Nabelschnur zum vertrauten Heltau: die Busverbindung nach Hermannstadt, welche sehr wichtig für mich war.
Am 1. September stehe ich am Busbahnhof in Hermannstadt. Nach und nach treffen immer mehr Leute ein, die scheinbar den gleichen Weg haben, wie ich. Es ist eine Gruppe Lehrer dabei, die jeden Tag nach Burgberg pendeln. Sie sprechen mich an, vermuten sie doch, dass ich ein Neuer sein könnte. Wer sonst fährt zu dieser Stunde nach Burgberg? Das erste Eis ist gebrochen. Es sind tatsächlich Menschen mit denen ich zusammenarbeiten werde und keine Ungeheuer. In der Schule empfängt mich der Direktor sehr herzlich. Er braucht schon längst eine Verstärkung für die deutsche Abteilung. Seit Jahren unterrichten Lyzeumsabsolventen, da es keine qualifizierten deutschen Lehrer gibt. Dieser Zustand ist wohl politisch gewollt. Für die Deutschen gibt es keine extra ausgewiesenen Plätze an Hochschulen. Unsere kleine Minderheit muss gegen die überwältigende Mehrheit der Rumänen und Ungarn antreten. Die Anzahl der Hochschulplätze ist gering. Wir waren nur wenige Deutsche unter den vielen Studierenden in Kronstadt. Selbst bei der Besetzung von Lehrerstellen in deutscher Sprache wurden wir nicht bevorzugt behandelt.
Der für die deutsche Abteilung zuständige Lehrer und Konrektor, Herr Radrich, hat sich sehr um mich gekümmert. Er war Einheimischer, kannte jeden Einwohner der Gemeinde und hatte im Laufe der Jahre, vielen das Lesen und Schreiben beigebracht. Er war eine Respektsperson, hoch angesehen von allen, fleißig und zuverlässig, ein Lehrer der alten Garde. Sein Beruf ist ihm zur Berufung geworden.
Mit seiner Hilfe habe ich eine Unterkunft gefunden. In einem alten Haus wohnte niemand. Es war möbliert und alle Möbel stammten aus dem vorigen Jahrhundert. Rustikal war es allemal. Ein Bett mit einem Strohsack, ein Tisch, zwei uralte Stühle (die Stuhlfüße drangen durch die Sitzfläche), eine lange Holzbank, ein kleiner Ofen, der mit Holz gefüttert werden musste. An den Wänden waren gestickte Sprüche mit religiösem Inhalt und die Stufenalter des Mannes, als Bild. Aus drei Räumen bestand das Haus. Die Besitzerin war zu ihrer Tochter, in eine andere Straße gezogen. Die alte Frau war Kriegswitwe. Ihr Mann war bei der SS im Zweiten Weltkrieg ums Leben gekommen und sie hatte ihre zwei Kinder alleine großgezogen. Nun hatten diese ihrerseits Kinder, die zu mir in die Schule kommen sollten.
Ein guter Nachbar aus Heltau, Kurt Fleischer, brachte mir die notwendigen Sachen im Beiwagen seines Motorrades und ich begann mich einzurichten. Der erste Abend war recht deprimierend. Ganz alleine in einem fremden Haus, in einer fremden Gemeinde, unter fremden Leuten, vor viel Unbekanntem!
Die Diskrepanz zwischen dem Leben davor und dem Jetzt, konnte gar nicht größer sein. Noch musste man nicht heizen und das Trinkwasser reichte mehrere Tage. Ich holte es aus einem Brünnlein im emaillierten Blecheimer, mindestens 150 m weit her. Sein Geschmack war gewöhnungsbedürftig. Die Ruhe, die mich umgab, war es auch!
Noch hatte die Schule für die Schüler nicht begonnen. Erst am 15.9 ging der Unterricht los. Die Lehrer mussten aber 2 Wochen früher antreten, um alles vorzubereiten. Eine Eigenart überraschte mich gleich zu Beginn. Die Lehrer mussten die Schüler ihrer Klasse zu Hause besuchen, um sie für das kommende Schuljahr "einzuschreiben". Das war hier schon immer so!- war die Erklärung. Es hatte allerdings auch seine guten Seiten. Der Lehrer hatte die Möglichkeit die Schüler, die Eltern, die Wohnung, das ganze Umfeld kennen zu lernen. Er konnte mit den Leuten sprechen, deren und seine Vorstellungen und Wünsche wurden erläutert. Man kam sich schnell näher und konnte ein Vertrauensverhältnis aufbauen. Für die spätere Tätigkeit an der Schule hat es sich sehr positiv ausgewirkt. Die Wirklichkeit holte meinen Idealismus schnell ein. Vielerlei Probleme wurden besprochen und manches Missverständnis verhindert.
Die alten Männer waren besonders gesprächig. Sie saßen in kleinen Gruppen auf Holzbänken vor ihren Häusern an der Straße und erzählten von vergangenen Zeiten. Wenn sie auf aufmerksame, interessierte Ohren stießen, wie die Meinen, war es unheimlich spannend ihnen zuzuhören. Gegen die Ohnmacht in der Zeit der kommunistischen Diktatur kannten sie aber auch kein Rezept. Fassungslos verfolgten sie den Verfall ihres Dorfes. Vieles hatten sie oder ihre Väter aufgebaut. Nun war es nicht einmal möglich das Geschaffene zu erhalten. Einzig die Nachbarschaften der Deutschen funktionierten wie ein Uhrwerk.
Aus dem deutschen Saal war ein Kinosaal geworden. Da meist die Zigeuner ins Kino gingen, sah er entsprechend elend aus. Verwahrlost war auch der Saal der Rumänen, am anderen Dorfende. Man konnte nicht einmal die Dichtigkeit des Daches gewährleisten. Es war ein trauriger Anblick, wie ein verfehltes Gesellschaftssystem eine ganze Gemeinschaft lähmte.
Der Zustand der Straßen war erbärmlich. Vor einigen Häusern waren Betonplatten gegossen worden. Wehe! wenn einer die Straße überqueren musste versank er! Die Hose schwamm auf dem Morast und der Fuß verschwand ins Bodenlose. Trocknete die Matsche, erhoben sich bei jedem Windstoß riesige Staubwolken.
Schon sehr bald merkte ich, dass es das Schicksal gut gemeint hat mit mir. Die Lehrer der rumänischen Abteilung waren bedauernswerte Kreaturen. Sie konnten nur mit viel Mühe einigermaßen mit uns mithalten. Die Zigeuner machten ihnen das Leben sehr schwer. Diese waren bei den Hausbesuchen nicht anzutreffen oder hatten die erforderlichen Daten nicht zur Hand. Sie wussten die Geburtsdaten ihrer Kinder nicht und oft fehlten die Unterlagen. Wir hingegen wurden in sauberen Wohnungen freundlich empfangen und sogar bewirtet.
Eine große Schwierigkeit musste ich dauernd überwinden. Hätte ich einen Rumänen deutsch gegrüßt, hätte der mich für irr gehalten, hätte ich einen Deutschen rumänisch gegrüßt, hätte der mich für einen jener Parteifunktionäre gehalten, die ihre deutsche Identität verleugneten, solange sie davon profitierten. Was tun um weder als Irrer noch als Kommunist abgestempelt zu werden?
Für die Einheimischen war es einfach. Sie kannten mich schon nach ein paar Tagen. Wie sollte ich ein paar hundert Menschen schnell kennen lernen? Oft setzte ich zum Gruß an, räusperte mich kurz, hörte in welcher Sprache mein Gegenüber antwortete und grüßte dann selbstverständlich richtig. Viele erkannte man an ihren Kleidern, aber man konnte nie ganz sicher sein!
Das Angebot im Lebensmittelladen war sehr spärlich, so dass ich mein Essen für eine ganze Woche, von Zuhause mitbringen musste. Mit einem kleinen Elektrokocher wärmte ich es auf und das Spülen hat mir nie Freude bereitet. Ein Radio hatte ich auch. Es lief ständig, wenn ich zu Hause war. Viel gelesen hab ich in der Zeit und bin oft ausgegangen, um nicht so alleine zu sein. Nach und nach hab ich die Menschen kennen gelernt und mich immer wohler gefühlt.
Eines war mir aber immer klar! Hier werde ich nicht alt! Mein ganzes Leben wollte ich nicht hier verbringen!! NEIN!!!
In der einzigen Wirtschaft bin ich oft gesessen. Bei einer Flasche Bier hab ich stundenlang die Menschen beobachtet. Es waren nur Männer, die sich Flasche um Flasche eingossen. Waldarbeiter, Hirten, Bauern, Handwerker, Bedienstete der Gemeinde waren dabei. Der Gesprächsstoff ist ihnen nie ausgegangen. Ich hatte das Ohr am Puls der Gemeinde. Man erfuhr manches aus dem herben Leben dieser Menschen, von einer Wirklichkeit, die ich so nicht kannte.
Mit meinem Titel: Lehrer, tat ich mich schwer. Ich war immer nur ein ganz normaler Mensch gewesen, nun war ich eine Funktion. Dass sich hinter dem Titel ein Mensch befand, kümmerte niemanden. Der Pfarrer, der Lehrer waren ganz besondere Personen. Man erwartete von ihnen ein vorbildliches Verhalten in allen Lebenslagen, zollte ihnen allerdings auch entsprechenden Respekt. Nun darf man nicht vergessen, dass ich nur 21 war!
Mein Direktor hatte mir die größte und schwierigste Klasse ausgesucht. 31 Schüler und -innen saßen in der 7.-ten und harrten gespannt, auf das was auf sie zukam. 9 mal Lienerth, je 4 mal Sonntag und Schuster waren einige Schülernamen. Ich empfand die Lage in der Klasse als zu angespannt und lud die ganze Klasse nach ein paar Wochen zu einem lockeren Gespräch, zu mir ins Haus ein. Einige Schüler brachten Mehl, andere Eier und Milch und zwei Stielpfannen mit. Aus dem angerührten Teig habe ich wohlschmeckende Pfannkuchen (Kletitten) gebacken, die ihnen in ewiger Erinnerung geblieben sind. So was hatte es noch nie gegeben. Auch die Nachricht von meinem Schlafsack verbreitete sich schnell und trug zur Belustigung aller bei. Von Kartoffel- ,Getreide- und anderen Säcken wusste jeder, aber dass man in einem Sack schlafen kann, fanden alle komisch. Immer wieder wurde ich gefragt, ob ich mich denn in dem Sack überhaupt bewegen könne. Irgendwie stellten ihn sich die Leute völlig starr vor.
Die Winterperiode begann und damit die Leidenszeit. Da ich mit Erdgasheizung aufgewachsen bin, musste ich die hohe Kunst des Feuermachens mit Holz erlernen. Oft qualmte der Ofen fürchterlich, ehe das Feuer zu brennen begann. Das Haus hatte zwar sehr dicke Wände, aber es speicherte die Wärme nicht. In besonders kalten Nächten sank die Zimmertemperatur unter 0°C. Es war überraschend und beängstigend, als eines Morgens beim Wasserholen, das Blechtöpfchen auf einer Eisschicht ausrutschte. Durchgefroren war das Wasser. Der Eimer hatte am Boden eine Wölbung.
Wenn ich abends ins Bett stieg, war ich dick angezogen, mit einer Mütze auf und einem Handtuch über dem Gesicht. Das Bett war nahe am Ofen, um einfacher Holz nachzuschieben. Die Kiste mit dem Holz stand unmittelbar davor. Der Ofen war viel zu klein und ich war zu oft außer Hauses, als dass sich ein bisschen Wärme hätte entwickeln können. Da es auch in der Schule ziemlich kalt war, atmete ich erleichtert auf, wenn ich am Wochenende nach Heltau heimfuhr.
Im Zimmer war alles gefroren. Um Brot zu essen taute ich es auf dem Elektroherd und röstete es dabei. Außen war es heiß und innen noch gefroren. Sogar die sauren Gurken waren steif gefroren. Das Anziehen der eisigen Kleider war keine Freude und die Morgenhygiene verrichtete ich lieber im Lehrerzimmer, wo noch kein Mensch war.
Abwechselnd war es Pflicht der Lehrer, nachts Telefondienst zu machen. Im Rathaus gab es das einzige Kurbeltelefon der Gemeinde, mit Verbindung zur Außenwelt, welches bewacht werden musste, um im Notfall Alarm zu schlagen. Freiwillig meldete ich mich, stellvertretend für Kollegen, die zu Hause Familien mit Kindern hatten zum Dienst. Im Büro des Bürgermeisters war es schnurrig warm. Eines Morgens hat ihn schier der Schlag getroffen. Er war schon sehr früh gekommen und wusste nicht was sich auf seinem langen stabilen Holzschreibtisch befand. Ich lag auf einer Luftmatratze im Schlafsack auf demselben. Als ich mich bewegte erstarrte das Blut in seinen Adern. Ich hatte zwar mit ihm darüber gesprochen, aber die Wirklichkeit hatte ihn völlig überrascht. Nie hat das, oft verdammte, Telefon geklingelt und alle empfanden es als Schikane, es hüten zu müssen.
Mein erstes Gehalt holte ich zusammen mit den Kollegen, bei der Zahlstelle im Rathaus ab. Auf einer Liste waren alle Lehrer aufgereiht. Man unterschrieb und dann wurde vorgezählt und nachgezählt. Aus einem Bund speckiger Banknoten wurde bar ausbezahlt. Der Betrag entsprach etwa 2/3 eines Arbeitergehaltes.
Es war, Gott sei Dank, nicht immer kalt. Wenn ich abends alleine Arbeiten korrigierte oder Unterrichtsstunden für den nächsten Tag vorbereitete, war es mucksmäuschenstill. In dieser Stille tauchte ein Mäuschen auf und trippelte seelenruhig quer durchs Zimmer. Nachts hörte man auch ihre typischen Geräusche. Von weitem vernahm man Hundegebell. Es war eben romantisch, das Lehrerdasein auf dem Lande.
Eines Nachts 1977 lernte ich das Grauen kennen: Die Eingangstür zum Haus klappert heftig! Wer wird um diese Zeit versuchen ins Haus einzudringen? Über die Schulter hinweg sehe ich die Zimmertür aufspringen. Sie war nur zugeklemmt. Auf dem Tisch in meinem Rücken klirrten die Gläser! Ich bin erledigt! Jetzt ist es aus! Geräusche durchdringen das Haus, mir ist als ob der Schrank wackelt. Es wird ruhig. Bin ich krank, mein Puls rast, hab ich schlecht geträumt? Verdammt hart ist es so alleine zu wohnen! Morgens habe ich alles vergessen. Der Schuldiener begegnet mir im Hof und sagt: Herr Lehrer, das war aber heut Nacht ein schweres Erdbeben!.... Wie Schuppen fiel es mir von den Augen. Ich habe mein erstes Erdbeben erlebt. Ohne Bezugspersonen konnte ich es leider nicht als solches identifizieren. Einige Schornsteine waren eingestürzt. Im Süden des Landes waren die Folgen verheerend. Über 1500 Tote und großer Sachschaden waren zu beklagen.
Die große Freiheit, alleine zu wohnen, niemandem Rechenschaft abzulegen, keinen zu stören und von keinem gestört zu werden, forderte auch ihren Tribut. Ich habe mich trotzdem nicht umstimmen lassen und habe weiterhin alleine gewohnt.
Ernüchternd waren die Ausflüge zum Klo. Das althergebrachte Modell Plumpsklo befand sich in einiger Entfernung vom Haus im Garten. Ein einziger kurzer Besuch in der Nacht und man wurde hellwach.
Fließendes Wasser, Abwasserleitung, wohlige Wärme im Zimmer, Dusche und Bad, gutes Essen in der Mensa, Spaß und Zerstreuung mit Kommilitonen, interessante Gespräche, Geselligkeit .... oh Gott... was war das Studentenleben für eine schöne Zeit!!
In einem Dorf ist auch die Zahl der Menschen, mit denen man sich unterhalten kann, sehr gering, da alle sehr beschäftigt waren. Der deutsche evangelische Pfarrer, Herr Reich, war einer der wenigen, mit denen ich mich gut unterhalten konnte. Er hatte abends immer viel Zeit, da seine Frau, eine berühmte Orgelspielerin, oft im Ausland Konzerte gab. Er besorgte das Essen und ich den Wein. Aus unserem Keller in Heltau brachte ich immer einen selbst gemachten guten Tropfen mit. Für beide waren es inhaltsreiche Gespräche, die wir entsprechend zu würdigen wussten. Stundenlang diskutierten und debattierten wir über unterschiedlichste Themen. Ähnliche Weltanschauungen mit unterschiedlichen Vorkenntnissen und Ausbildungen ließen einen kurzweiligen Gedankenaustausch nicht versiegen.
Wenn ich spät nachts vom Pfarrhaus zu meiner Wohnung latschte, hatte ich eine Sturmlampe dabei. Die Straßenbeleuchtung war längst abgeschaltet und die Finsterniss hatte überall Einzug gehalten. Das Licht der Petroleumlampe flackerte im Wind. Es war unheimlich. Vereinzeltes Hundegebell, in einer schemenhaften Landschaft, verhallte im Dunkel der Nacht.
Den außerschulischen Veranstaltungen widmete ich immer große Bedeutung. Wenn ich Wander- oder Radtouren machte, kamen wir, Lehrer und Schüler, uns viel näher als während der Unterrichtszeit. Jeden Winter veranstaltete ich ein Schirennen. Groß war die Begeisterung und riesig die Beteiligung der Schüler. Man arbeitete einfach leichter und erfolgreicher, wenn man das Vertrauen der Schüler gewonnen hatte.
Nach sechs Jahren habe ich Burgberg endgültig verlassen. Ein Lebensabschnitt wurde beendet, in dem ich viel gelernt und erlebt habe, in dem ich viel empfangen und wohl auch gegeben habe. Mit den Menschen war ich stark verbunden. Ich kannte fast alle Deutschen im Ort, wusste wie sie miteinander verwandt waren, hatte ihren eigenartigen siebenbürgischen Dialekt einigermaßen gelernt. Sie betrachteten mich als einen der Ihren. Ich hatte ihr Vertrauen gewonnen. Sie waren überaus gastfreundlich. Meine Arbeit in der Schule wurde gewürdigt. Habe ich diese Menschen nicht im Stich gelassen, als ich mich nach Hermannstadt versetzen ließ?? Viele waren traurig, als sie erfuhren, dass ich sie verlasse.
Das Gefühl, gebraucht zu werden, Gutes tun zu können, Zufriedenheit zu erzeugen, ein Mensch zu sein, hat man das oft im Leben?!
Sand 20.2.1995
Johann Span
