Die Burgberger Mundart
Auszüge aus der Einleitung zu „Die Mundart von Burgberg“ von Artur Maurer, aus Heft 53 Deutsche Dialektographie, N. G. Ewert Verlag Marburg, 1959.
Lage des Dorfes
Das stattliche siebenbürgisch-sächsische Dorf Burgberg liegt eingebettet in einem Sacktal, 26 km nordöstlich von Herrmannstadt, am Fuße eines 610 m hohen Berges, dem 'Burgberg' - mundartlich 'Burprichroich'- dem es auch seinen Namen verdankt. In welchem Jahre das Dorf gegründet wurde, ist nicht überliefert. Doch aus der sehr frühen Erwähnung in Urkunden, kann man mit Sicherheit schließen, dass es eines der ältesten Ansiedlungen des 'Hermannstädter Stuhles' ist. Der Name des Dorfes erscheint archivalisch in verschiedener lautlicher Form: Purcberg (1377); Burperg (1378); Purberg (1432); 'Comes Andreas, comes de villa Burchberch' (1413); Burprich (1350- 1359).
Irgendwelche besondere Berührung mit den Nachbargemeinden, die sich auch sprachlich auswirken könnten, hat Burgberg nicht. Eine Eheschließung z. B. mit einer 'Fremden' d. h. aus einem Nachbardorf, ist etwas ganz Seltenes. Auch sonstige Berührungspunkte ( gemeinsame sächsische Arbeiter u. ä. ) fehlen. Die Abgeschlossenheit des Dorfes ist also einerseits durch die Bodengestalt der Landschaft, andererseits auch durch die sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten bedingt.
Die Bewohner
Die Burgberger sind durchwegs Bauern. Ackerbau und Viehzucht werfen einen guten Ertrag ab. Der fruchtbare Boden ist vor allen Dingen für den Weizenanbau sehr gut geeignet. Doch wird besonders wegen der Viehzucht auch der Kartoffel- und Maisbau gefördert.
Der Burgberger ist aber nicht nur auf seinen Besitz stolz, sondern auch auf seinen Dialekt. Wenn in Hermannstadt der Ausdruck 'e Burprijer' - ein Burgberger, als Bezeichnung für einen derben, etwas wüsten Menschen gebraucht wird, so hat dies nicht zuletzt in dem eigenartigen Dialekt des Dorfes seine tiefere Wurzel. Mit seinen breiten und vollen Vokalen und den vielen Diphthongen macht er auf jeden den Eindruck des würdevoll-erhabenen, selbstbewussten und getragenen Dialektes . Zugleich unterscheidet er sich auch am meisten von allen anderen umliegenden Dorfmundarten, besonders aber von dem 'zimperlichen, spitzen' Hermannstädterisch. Wehe wenn ein Mädchen aus 'dem Dienst' in Herrmannstadt zurückkommt und 'städterisch' ( Hermannstädter Mundart ) sprechen will. Ein Seidenstrumpf oder Halbschuhe, die sie aus der Stadt mitbringt, würden zur Not noch übersehen, das Ohr aber würde jeden dialektfremden Laut erhaschen, und geißelnder Spott wäre die Folge. Wenn sich Bauern der umliegenden Dörfer, nach einem gut abgeschlossenen Jahrmarkt oder in neuerer Zeit bei irgendeiner Schulung oder Versammlung treffen, dann beginnt das Hänseln. Den Burgberger packt man dabei immer mit 'seiner Sprache'. Verfasser selbst hat, als er mit 10 Jahren aus der Burgberger Dorfschule in die Oberschule nach Hermannstadt kam, sowohl im Internat als auch in der Klasse, manchen Spott erdulden müssen, weil er 'burgbergerisch' sprach und nicht so 'geschliffen' hermannstädterisch.
Dies alles sind Tatsachen, die zeigen, dass der Burgberger Dialekt auch dem ungeschulten Ohr ausdrücklich als etwas 'besengderet' besonderes, d. h. aus dem Rahmen der übrigen umliegenden Dorfmundarten stärker hervortretende Mundart ist, die sich von den städtischen Einflüssen von Hermannstadt und der allgemeinen siebenbürgisch- sächsischen Umgangssprache wesentlich frei gehalten hat.
Trotz des Gegensatzes zu jener Umgebung wird in Burgberg ausschließlich Ortsmundart gesprochen. Es ist keinerlei Anzeichen vorhanden aus dem man schließen könnte, dass der Burgberger - bewusst oder unbewusst – versucht seine Mundart denen der Umgebung anzugleichen. Ebenso wenig macht sich der Einfluss des Hochdeutschen bemerkbar. Hochdeutsch lernt man zwar in der Schule, aber ob das nun der 'Herr Lehrer', Pfarrer oder sonst irgend ein Städter ist, man spricht mit ihm in der Mundart. Nur wenn es keine Möglichkeit der Verständigung gibt , d. h. wenn der Partner überhaupt keine Mundart versteht, dann bedient man sich des 'Deutschen' - Hochdeutschen.
Ausgewählt von H.Radrich, Juni 2018
Hören Sie jetzt drei Lieder in Burgberger Mundart, gesungen von der Burgberger Singgruppe unter der Leitung von Katharina Kraus. Die phonetische Transkription auf Burgbergerisch und die deutsche Übersetzung von Hans Radrich.
Drau sachsesch Loider, änd Burpricheresch iwerdrahn vunn Hans Radrich, äm Juni zwoai taisend uch äuchzahn.
De Astern (Die Astern)
| De Astern | Die Astern |
| ___ | ___ |
| De Astern blaun oinsem äm Gaartschen, | Die Astern blühn einsam im Gärtchen, |
| de Moaidscher gahn sangend verbau. | die Mädel gehen singend vorbei. |
| Der Maan doi stoit iwer den Gjieweln, | Der Mond steht über den Giebeln, |
| der Hoarwest, der Hoarwest äs hau. | der Herbst, ja der Herbst der ist da. |
| ___ | ___ |
| Kam, lien dich nuer feust un meng Scheulder, | Komm lehn` dich nur fest an mein` Schulter, |
| deng Zeuren se sen asi hoiß. | deine Tränen die sind ja so heiß. |
| Hegt keun ich neuch feust dich ämschluongen, | Heut kann ich noch fest dich umschlingen, |
| woi woiß wuennie wieder, woi woiß. | wer weiß denn wann wieder, wer weiß. |
| ___ | ___ |
| De Astern blaun oinsem äm Gaartschen, | Die Astern blühn einsam im Gärtchen, |
| de Roisen sen alle verbau, | die Rosen sind alle vorbei. |
| schlaf geaud teau meng oinichet Schoatzken, | Schlaf gut, du mein einziges Schätzchen, |
| det Schoiden, det Schoiden äs hau. | das Scheiden, das Scheiden ist da. |
Der Burchboarch (Der Burgberg)
| Der Burchboarch | Der Burgberg |
| ___ | ___ |
| Der Burchboarch es met Blommen vuhl, | Der Burgberg ist von Blumen voll, |
| da säuch ich dich zem oirschten Mal: | dort sah ich dich zum ersten Mal. |
| Teau Oinichet! | Du Innige. |
| ___ | ___ |
| Burchklaatchen liegden vunn der Hoih, | Burgglocken läuten von der Höh`, |
| klangt asi fruidich, klangt asi froi. | es klingt so freudig, es klingt so froh. |
| ___ | ___ |
| Der Burchboarch äs a Blomeleund, | Der Burgberg ist ein Blumenland, |
| mir gjengen da oft Heund än Heund. | wir gingen da oft Hand in Hand. |
| Teau Schoatzichet! | Du Schätzchen mein! |
| ___ | ___ |
| Burchklaatchen liegden vunn der Hoih, | Burgglocken läuten von der Höh`, |
| klangt asi fruidich, klangt asi froi. | es klingt so freudig, es klingt so froh. |
| ___ | ___ |
| Um Burchboarch blaud an feirich Rois, | Am Burgberg blüht `ne feurig Ros`, |
| ech hun dich guarn, meng Harz schloit hoiß. | ich hab dich lieb, mein Herz ist heiß. |
| Teau Geuldijet! | Du Goldig mein! |
| ___ | ___ |
| Burchklaatchen liegden vunn der Hoih, | Burgglocken läuten von der Höh`, |
| klangt asi fruidich, klangt asi froi. | es klingt so freudig, es klingt so froh. |
| ___ | ___ |
| Wais Roisen blaun af steallem Graaf, | Weis` Rosen blühn auf stillem Grab, |
| um Burchboarch loagt meng oinzich Lauw. | am Burgberg liegt mein`einzig Lieb`. |
| Teau Oinzichet. | Du Innige. |
| ___ | ___ |
| Burchklaatchen liegden vunn der Hoih, | Burgglocken läuten von der Höh`, |
| klangt asi trairich, doit asi woi. | es klingt so traurig, es tut so weh. |
Det Bränntschen (Das Brünnlein)
| Det Bränntschen | Das Brünnlein |
| ___ | ___ |
| Stiäll uch friedlich, wau gestuarwen | Still und friedlich, wie gestorben, |
| stahn de Haiser un der Ziell. | stehn die Häuser in der Zeil`. |
| Nuer det Bränntschen hoirt em rännen, | Nur das Brünnlein hört man rinnen, |
| rännt uch raischt än gjeauder Wiell. | rinnt und rauscht in guter Weil`. |
| ___ | ___ |
| Nuer det Bränntschen hoirt em rännen, | Nur das Brünnlein hört man rinnen, |
| rännt uch raischt än gjeauder Wiell, | rinnt und rauscht in guter Weil`. |
| nuer det Bränntschen hoirt em rännen, | Nur das Brünnlein hört man rinnen, |
| rännt uch raischt än gjeauder Wiell. | rinnt und rauscht in guter Weil`. |
| ___ | ___ |
| Alle Moaidscher roaisten, schlaafen, | Alle Mädchen rasten, schlafen, |
| denn der Deuch wäuer leng uch hoiß. | denn der Tag war lang und heiß. |
| Hei heud Fruied uch Loid ämschläussen | Er hat Freud und Leid umschlossen |
| uch viel Oarbet, Mauh uch Schwoiß. | Und viel Arbeit, Müh`und Schweiß. |
| ___ | ___ |
| Nuer det Bränntschen hoirt em rännen, | Nur das Brünnlein hört man rinnen, |
| rännt uch raischt än gjeauder Wiell, | rinnt und rauscht in guter Weil`. |
| nuer det Bränntschen hoirt em rännen, | Nur das Brünnlein hört man rinnen, |
| rännt uch raischt än gjeauder Wiell. | rinnt und rauscht in guter Weil`. |
| ___ | ___ |
| Neau loagt oallest geunz än Frieden, | Nun liegt alles ganz in Frieden, |
| durch de Goass mir zwoi nuer gahn. | durch die Gass´ gehen nur wir zwei. |
| Hun eaus un der Heund begräffen, | Haben uns die Hand gegriffen, |
| hoiren froi eaus Harzen schlahn. | hören froh, wie`s Herze schlägt. |
| ___ | ___ |
| Nuer det Bränntschen hoirt em rännen, | Nur das Brünnlein hört man rinnen, |
| rännt uch raischt än gjeauder Wiell, | rinnt und rauscht in guter Weil`. |
| nuer det Bränntschen hoirt em rännen, | Nur das Brünnlein hört man rinnen, |
| rännt uch raischt än gjeauder Wiell. | rinnt und rauscht in guter Weil`. |
| ___ | ___ |
| Kam neau hoim`, säult reauech schlafen, | Komm nun heim, sollst ruhig schlafen, |
| Guott der Herr behaut eaus schoin. | Gott der Herr behüt`uns schon. |
| Haielt än senger Heund ämschläußen, | Hält in seiner Hand umschlungen, |
| dech uch mech, eaus geunz Gemoin. | dich und mich, die ganz` Gemeind. |
| ___ | ___ |
| Nuer det Bränntschen hoirt em rännen, | Nur das Brünnlein hört man rinnen, |
| rännt uch raischt än gjeauder Wiell, | rinnt und rauscht in guter Weil`. |
| nuer det Bränntschen hoirt em rännen, | Nur das Brünnlein hört man rinnen, |
| rännt uch raischt än gjeauder Wiell. | rinnt und rauscht in guter Weil`. |
