Heilig Abend in Burgberg/Siebenbürgen
erzählt von Georg Schuster
Mit der Adventzeit begann die Vorbereitungszeit für Weihachten.
Für die Kirche wurde ein großer Adventskranz gefertigt und mit vier Kerzen geschmückt.
Am ersten Advent wurde die erste Kerze angezündet und an jedem weiteren Advent folgte eine weitere.
Es begann eine stille, ruhige Zeit. Die langen und kalten Winterabende verliehen dem noch mehr Ausdruck!
Am 6. Dezember war Nikolaustag – ein Tag auf den sich die Kinder besonders freuten.
Schon am Vorabend putzten sie ihre Schuhe schön – meistens nahmen sie ihre großen Stiefel, damit besonders viel hineinpasst – und stellten sie vor die Tür. Wenn sie dann morgens neugierig noch früher aufstanden, fanden sie sie gefüllt mit Süßigkeiten, Nüssen und Äpfeln vor.
Am zweiten Advent gingen aus jeder Nachbarschaft zwei Frauen von Haus zu Haus, um für die Weihnachtsbäckerei zu sammeln.
Sie erhielten Mehl, Zucker, Eier und Geld. Die gesammelten Gaben brachten sie zum Pfarrhof, da die „Frau Pfarrer“, also die Ehefrau des Pfarrers, für die Organisation des Weihnachtsgebäcks sorgte. In der darauffolgenden Woche trafen sich die Frauen dort, um gemeinsam die große Menge an Teig zuzubereiten und am nächsten Tag wurden dann die Kekse (in Burgberg „Teegebäck“ genannt) und die Weihnachtsmänner gebacken, die danach schön mit buntem Zuckerguss verziert wurden.
Mit Beginn der Adventszeit wurden auch in dem Konfirmandenunterricht Gedichte und Lieder für den Gottesdienst an Heiligabend einstudiert. Auch die Kleinen lernten fleißig ihre Weihnachtsgedichte.
In dieser Zeit wurde auch zu Hause viel gebacken. Begonnen wurde mit den Keksen und kurz vor Weihnachten wurde dann in jedem Haus der große, mit Holz geheizte Backofen geschürt und Hanklich und Striezel wurden gebacken.
Die Adjuvanten kamen zusammen und probten die Weihnachtslieder, die sie an Heiligabend vor der Kirche spielen sollten.
Endlich war Heiligabend...
An diesem Tag versorgte man das Vieh etwas früher als sonst, um rechtzeitig fertig zu sein. Wenn dann 17.00 Uhr die große Glocke vom Kirchturm erklang, war es endlich soweit. Die ganze Familie, Jung und Alt, strömten von allen Seiten ins Gotteshaus.
An diesem Abend war die Kirche bis auf den letzten Platz besetzt. Viele waren kurz vorher noch auf dem Friedhof, um hier eine Kerze anzuzünden oder ein kleines Christbäumchen aufzustellen.
Blickfang war an diesem Abend der riesengroße geschmückte Weihnachtsbaum, der in der Mitte vor dem Altar aufgestellt war.
Die Kerzen am Baum, wurden von den beiden Kirchenvätern angezündet, während die versammelte Gemeinde von einer festlichen Stimmung erfasst wurde. Mit langen Stangen, an deren Spitze eine Kerze befestigt war, gingen sie bedächtig um den Baum. Der gesamte Kirchenraum erstrahlte im Kerzenlicht.
Als dann die Orgel ertönte, betrat der Pfarrer die Kirche, gefolgt von den sogenannten „Ausschussfrauen“, welche mit großen, mit Päckchen vollbepackten Körben, auf den Bänken im Chor Platz nahmen. Die Schüler der Oberstufe kamen in 3 Gruppen und jede mit einem sogenannten „Lochtert“ und verteilten sich an drei Stellen in der Kirche. Dieser „Lochtert“ war ein Holzgestell mit drei Querarmen, welche die „Dreieinigkeit“ symbolisieren. Ringsherum war er geschmückt mit glänzenden Bonbons und Weihnachtsschmuck, sogenanntem „Engelhaar“ und 12 Kerzen. Die Lichter weisen darauf hin, dass „Jesus das Licht der Welt ist“. Im Wechsel sangen die Schüler bekannte Weihnachtslieder:
„Vom Himmel hoch, da komm ich her, Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen... Alle waren bemüht, dass ihr Leuchtert am schönsten war, und gaben sich große Mühe, auch am schönsten zu singen.
Die gesamte Gemeinde genoss diesen schönen Brauch!
Gemeinsam wurden weitere Weihnachtslieder gesungen:
„ Oh du fröhliche, oh du selige…“ oder „Ihr Kinderlein kommet…“. Zwischendurch wurden die Gedichte und Lieder von den jungen Konfirmanden und den Kindern vorgetragen.
Der Höhepunkt war die Weihnachtsgeschichte, die
von drei Konfirmanden auswendig vorgetragen wurde:
„Es begab sich aber zu der Zeit, das ein Gebot ausging...“.
Auch der Kirchenchor umrahmte den Gottesdienst mit schönen Weihnachtsliedern: „Es ist ein Ros´entsprungen, von einer Wurzel zart...“ Zum Abschluss des Heilig-Abend-Gottesdienstes sang die ganze Gemeinde feierlich „Stille Nacht, heilige Nacht...“.
Dann erfolgte, die von den Kindern lang ersehnte Bescherung. Honigkekse und ein verzierter Weihnachtsmann, Äpfel, Bonbons und allerlei leckere Sachen waren in eine Tüte gepackt worden. Während die Kinder in einer Reihe um den Tannenbaum gingen, wurden ihnen je eins aus den Körben überreicht. Auch die Kleinsten gingen mit ihren Müttern um sich ihr Päckchen abzuholen. Wie strahlten die Kinder mit ihren Päckchen in den Händen.
Die Bescherung bildete den Abschluss der Heilig-Abend-Feier. Draußen dann, auf dem Berg vor der Kirche, blieben alle stehen und lauschten den Bläsern! Wie schön erklang: „O du fröhliche, o du selige…“ und „Stille Nacht, heilige Nacht…“ mit diesem wunderbaren Blick auf den stillen, von weihnachtlicher Stimmung erfassten Ort!
Nachdem die Adjuvanten auch dem „Herrn Pfarrer“ ein "Ständchen" unter seinem Fenster gespielt hatten, wurden sie von ihm hereingebeten zu einem gemeinsamen Umtrunk, während sich die Gemeinde auf den Heimweg machte, um die Kerzen am eigenen Baum anzuzünden. Geschmückt war der Baum mit selbstgebasteltem Schmuck, mit golden und silber gefärbten Nüssen, Äpfeln und in Ganzpapier eingewickelten Bonbons (in Burgberg: Chrästzäckercher) genannt.
Dann gab es die Bescherung! In Familien mit kleineren Kindern kam der Weihnachtsmann, hörte sich die von den Kindern vorgetragenen Gedichte oder auch ein Gebet an und ermahnte dann die Kinder, in Zukunft brav zu sein, was sie auch versprachen! Sie wurden dann vom Weihnachtsmann beschenkt.
Nach der kleinen Familienfeier bereitete man sich auf die „Chrästnäucht“ vor. Die größeren Schulkinder feierten im Hause eines ihrer Freunde. Die Jugend wiederum feierte gesondert und die Eltern trafen sich bei Verwandten.
Der erste Weihnachtstag begann vormittags mit einem Gottesdienstbesuch, am Nachmittag wurde die Verwandtschaft besucht. Am zweiten Weihnachtstag wurde auch ein Gottesdienst abgehalten.
Diese Sitten und Bräuche aus unserer „alten Heimat“, werden uns für immer in einer besonderen, nostalgischen Erinnerung bleiben!
